Little Germany & der Robbenclan

Donnerstag, 11/09/2014

Das Wochenende begann bei uns diesmal schon am Donnerstag. Mit einer Reisetasche und einem kleinen Rucksack bepackt ging es los zur Tankstelle Rhinopark in Windhoek. Von da aus fahren die Minibusse nach Okahandja, Walvis Bay und Swakopmund. Wir wollen in den letztgenannten und zahlen dafür 140 N$. 10 € für eine Strecke von 370 km - das ist schon ein fairer Preis. Warum das ganze für den Betreiber trotzdem noch rentabel ist stellt sich in der nächsten halben Stunde heraus. 

Nachdem wir unser Gepäck auf den Anhänger geladen haben (afrikanische Konstruktion: wenn dir der Boden weg bricht, leg einfach eine Europalette drauf, das hält!) wollen wir uns hinten in den Minibus bewegen. Die neuen Plätze sehen aber schon halb belegt aus und wir würden gerne zusammen sitzen (jaja ich weiß - wir wurden auch schon als Geschwister bezeichnet). Also setzen wir uns dreist nach vorne neben den Fahrer.

Das stellt sich im Nachhinein als ganz gute Idee aus, denn es kommen immer mehr Menschen, die noch mitfahren wollen. Und sie alle werden reingelassen. Immer wenn ein neuer potentieller Gast kommt, wirft der Fahrer einen Blick in den Bus und findet an irgendeiner Stelle noch einen Sitz zum Ausklappen. Am Ende befinden sich 17 Leute plus Fahrer in dem kleinen Toyota. Das ganze hat vielleicht auch sicherheitstechnische Aspekte: Alles ist so gequetscht dass sich bei einem Unfall nicht mehr viel bewegen kann. Insgesamt sind wir froh dass es in Namibia zwar einen Roadblock der Polizei gibt, die ihren Job aber nicht wirklich ernst nehmen und uns durchwinken.

 

Ab hier geht es immer weiter: Die Geschwindigkeitsanzeige funktioniert nicht und so wird einfach soviel Gas gegeben, wie der Wagen hergibt. Der Motor hat ganz schön zu arbeiten, was wir direkt spüren, da die Vorderbank sich direkt darüber befindet. An jeder Tankstelle wird die Bank hochgeklappt um Öl nachzufüllen und Wasser zur Kühlung über den Motor geschüttet. Kein Wunder dass der Motor so heiß wird, denn auch wir sind ordentlich am Schwitzen. Davon lassen wir uns den Spaß jedoch nicht nehmen. Wir wippen zur lautstarken Musik, tanzen an den Tankstellen und nicken zwischendurch öfters ein. Der Griff des Fahrers zwischen die Beine, um die Stereoanlage zu steuern ist auch spätestens nach dem zehnten Mal einfach zu ignorieren, und so kann man die Fahrt entspannt genießen.

 

Nach der Ankunft geht es im Taxi mit Hilfe der Navigationsapp auf meinem Smartphone zum Hostel, da der Fahrer absolut keine Ahnung hat wo wir hinmüssen und uns schon nach 2 Minuten in die komplett gegensätzliche Gegend der Stadt gelenkt hat.

 

Kurz ausgepackt, dann laufen wir auch schon zum Strand um das Meer in der schwindenden Tageshelligkeit noch zu sehen. Es ist toll nach so langer Zeit mit trockener Luft und hohen Temperaturen wieder das Meer zu sehen und die frische Meeresluft einzuatmen! Es wird schon fast zu kalt bei dem Wind, also geht es bald zurück zum Hostel.

Das Hostel ist einfach genial und mit 120 N$ (8€) unschlagbar günstig. Wir kommen in ein Zimmer mit Ming, einem jungen Chinesen mit nur spärlich vorhandenen Englischkenntnissen, der gerade auf Weltreise befindet. Er gibt unserem Abend einen coolen Soundtrack durch die Schreie und Musik eines beliebten Online-Multiplayer-Games. Wir entscheiden uns einmal früh schlafen zu gehen um den Tag gut nutzen zu können.

Freitag, 12/09/2014

Wir nutzen erstmal ausgiebig das kostenlose Frühstück in unserer neuen Lieblingsunterkunft. Es gibt Toast mit Käse und Marmelade sowie Müsli mit Joghurt und Milch. Als Laktis entscheiden wir uns dann um Unannehmlichkeiten zu vermeiden für die erste Variante. Entspannt sitzen wir mit unseren Tellern im wunderbar angelegten Garten an einem Gartentisch auf dem grünen Rasen und genießen die (zugegeben weniger als in Windhoek vorhandene) Sonne.

Dann geht es für uns los zur Stadterkundung. Wir laufen an der Strandpromenade entlang und sind ganz schön beeindruckt von den großen Häusern die hier in den meist deutsch benannten Straßen stehen. Das schönste ist, dass es fast keine Zäune gibt. Das erzeugt ein viel stärkeres Gefühl der Sicherheit als die hohen Mauern mit Elektrozäunen in Windhoek. Generell wirkt alles sehr viel weniger bedrohlich als in Windhoek und man kann sich gelassen bewegen. Allgemein ist die Stadt sehr schön und hat viele alte Gebäude im Kolonialstil zu bieten. Man könnte fast den Eindruck bekommen man wäre in einer aus dem 19ten Jahrhundert stammenden Version eines deutschen Provinzstädtchens gelandet - wären da nicht die Sandstraßen und die vielen Palmen. Generell ist hier vieles deutsch - die schon erwähnten Straßenschilder, die Einkaufspassage und auch die Menschen. Ein wenig seltsam ist das ja schon oder vielleicht einfach untypisch für Afrika.

Gegen Mittag mieten wir einen brandneuen VW Polo und machen uns auf den Weg nach Walvis Bay, die große Nachbarstadt von Swakopmund. Auf der rechten Straßenseite das Meer auf der linken nichts als Sand so weit man sehen kann. So langsam versteht man warum so viele Leute hier nach einem Schiffbruch in der Wüste verendet sind. Wir gönnen uns erstmal ein Fischbrötchen am Strand  und genießen, dass wir ein Auto haben und uns deswegen keine Sorgen um unsere Rückkehr machen müssen.

In Walvis Bay geht es erstmal zum Hafen und dort in eine kleine Bar, Kaffee trinken. Die Stadt ist anders als Swakop eher industriell geprägt und nicht wirklich schön, deswegen machen wir uns gleich auf zu unserem nächsten Stopp...

 ...dem Birds Paradise. Die Kläranlage von Walvis Bay leitet ein Teil ihres Wassers in die Dünen. Das gefiel den Vögeln so gut, dass sie sich dort ansiedelten, sodass eine riesige Kolonie entstand, die mittlerweile ein Naturschutzgebiet ist. Als wir ankommen ist jedoch niemand da um uns den Weg zu zeigen. Also beschließen wir auf eigene Faust über die Dünen zu klettern.

 Auf der anderen Seite bietet sich uns ein unglaublich bizarres Bild. Flamingos, die eigentlich mit tropischen Gewässern oder einem gewissen MC Fitti assoziiert werden, fliegen hier über Sanddünen. Es finden sich kleine grüne Flächen um die Teiche, die aus dem Klärwasser entstanden sind. Dort lassen sich auch die Flamingos nieder und stehen typisch einbeinig herum.

 Als wir ein paar Sandberge mehr erklommen haben, entdecken wir das eigentliche Birds Paradise: Eine riesige Wasserfläche mit vielen kleinen grün bewachsenen Inseln und einer unglaublichen Zahl an gefiederten Tieren.

 So könnte man einen Abend beenden. Aber manche Tage gehen anscheinend ewig weiter. Beim Essen im Hostel lernen wir zwei Mädels aus Deutschland kennen, die gerade ein Praktikum in Windhoek beim Radio machen. Gemeinsam mit ihnen und Ming gehen wir in die Stadt und enden nach verzweifelter Essenssuche mit Fast Food in einer Bar ("Kücki's Pub"). Nach einer guten Menge Alkohol geht es für uns weiter in ein Club/Restaurant-Mix der sich Napolitana nennt. Hier findet sich anscheinend das komplette seltsame Publikum Swakopmunds ein. Wir schaffen es jedoch durch jede Menge Wetten unseren Spaß mit den ganzen Freaks zu haben und fallen später erschöpft ins Bett.

Samstag, 12/09/2014

Ming ist in der Nacht vom Hochbett gefallen und hat uns alle aufgeweckt. Da war wohl jemand leicht angetrunken :D

Jedenfalls machen wir uns wieder zu 5 auf den Weg, diesmal geht es mit unserem coolen Polo die Küste hinauf. Die Küste heißt nicht ohne Grund Skeleton Coast: Hier strandeten unzählige Schiffe um dann nichts als Sand und Salz und Felsen vorzufinden - eine schreckliche Vorstellung. Ein paar Schiffswracks kann man noch im flachen Gewässer liegen sehen.

Das Cape Cross, das wir besuchen, ist die größte Robbenkolonie der Welt: 2000 Seelöwen hängen hier auf engstem Raum ab. Kein Wunder, dass es da auch mal zu Streits, Kämpfen und Gebrüll kommt. Und natürlich zu einem höllischen Gestank, denn die Tiere können zwar wunderbare Schwimmkünste vorweisen, sind aber nicht unbedingt reinlich.

Zurück in Swakopmund müssen Lenni und ich noch eine Wette einlösen und im Meer schwimmen gehen. Hört sich eher cool an? Ist es auch, im wahrsten Sinne des Wortes. Der Benguela-Strom, der hier das Meer bewegt kommt nämlich ganz aus dem Süden, von der Antarktis. Und da hat es ja bekanntlich nicht gerade Mallorca-Badeurlaubs-Temperaturen. Einmal reinrennen, in die Wellen springen und dann auf dem Parkplatz umziehen reicht also für den Tag. Hinterher erfahren wir, dass hier schon Menschen beim Baden gestorben sind...aber so schlimm war es ja dann doch nicht.

Nach leckerem Essen im Restaurant und "ein wenig" Wein im Hostel machen wir dann noch einen Nachtspaziergang am Strand, der für ein paar von uns mit nassen Füßen endet...

Sonntag, 12/09/2014

Ein leichter Kater bestimmt den Morgen, sodass das Frühstücken nicht ganz so einfach fällt. Dazu bleibt aber auch gar nicht so viel Zeit weil kurz nach dem Aufstehen ein alter VW-Bus vorbeikommt um uns zum Sandboarding abzuholen. Wir fahren die Straße nach Walvis Bay entlang, biegen dann nach links ab und parken direkt vor einer riesigen Sanddüne. Unser "Lehrer" gibt uns Schuhe und Snowbo...äh..Sandboards die wir (juhu!) die Düne hinauftragen dürfen. Sandboarding scheint noch so underground zu sein, dass keine Lifte gebaut wurden (Vielleicht liegt das aber auch daran dass sich auf Sand schlecht bauen lässt? Naja egal!). Oben werden die Boards eingefettet und nach ein paar Instruktionen kann es auch schon losgehen. Wer schonmal auf einem Snowboard stand weiß, wie schwer diese Art der Fortbewegung zu lernen ist. Auf dem Sand ist es aber wohl etwas einfacher, und so klappt es nach wenigen Versuchen, die mit jeder Menge Sand in den Klamotten enden, schon ganz gut. Die Boards gleiten auf dem feinen Wüstensand nur so hinunter und die Stunde vergeht ziemlich schnell.

Zurück im Hostel wird noch schnell gepackt und zumindest versucht, den Sand vom Körper zu duschen, dann geht es auch schon los. Wir fahren mit den Mädels im Auto zurück, und so beginnt ein vierstündiger Roadtrip auf dem Highway nach Windhoek. Obwohl Highway als Bezeichnung für eine Teerstraße mit einer Spur in jede Richtung etwas übertrieben ist. Wir hören laut Musik (singen noch lauter mit) und genießen wie die Temperatur, je weiter wir uns vom Meer entfernen, immer weiter steigt. Irgendwann halten wir am Straßenrand (Raststätten sind eher selten) und fangen an, wie es sich für echte Namibier gehört, auf der Straße zu tanzen...was ein verrücktes Wochenende!

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