Geister, die Im Sand Spuken

In Lüderitz wird erstmal der Tank des Polos wieder aufgefüllt, dann geht es auf eine Tour zu den Buchten um die Stadt herum. Das Gelände erinnert ein wenig an die Mondlandschaft in der Nähe von Swakopmund, nur dass die rauchen grauen Felsen hier statt in trockenen, staubigen Sand in Lagunen abfallen. 

 Wirklich befestigt sind die Straßen aber größtenteils nicht und so kann es schonmal vorkommen, dass die Reifen durchdrehen. Dann der Schock: das rechte Vorderrad fängt plötzlich an zu quietschen. Nach dem Erlebnis mit dem Platten in den Naukluft Bergen sind wir was Probleme mit unserem Mietwagen angeht leicht paranoid geworden. Zum Glück springt der für die Geräusche verantwortliche Stein von alleine wieder heraus und wir können weiter, beschließen aber als Reaktion nicht mehr die ganz sandigen Straßen zu fahren, die eigentlich nur für Autos mit Allrad geeignet sind. 

 Die Tour ist wirklich schön und führt uns zu vielen Stränden und Buchten. Der letzte Halt ist an einem breiten Küstenstreifen, an dem die Wellen mit aller Kraft gegen die kantigen schwarzen Felsen schlagen und viel Getöse und Gischt erzeugen. Hier setzen wir uns, um zuzusehen, wie die Sonne sich auf dem Meer gespiegelt langsam dunkler färbt und dem Horizont nähert.

Zurück in fabulous Lüderitz begeben wir uns zu dem eigentlich schon gefixten Hostel, das sich aber mit geschlossenem Hoftor präsentiert. Auch zwei weitere Hostels haben geschlossene Türen. So ist das hier wohl in der Nebensaison...ein verschlafenes Fischerkaff eben. Glücklicherweise finden wir doch noch ein Bett zum Schlafen: eine Selbstversorgerunterkunft mit großer Wohnküche, in der jeder sein eigenes Zimmer auf einem ansonsten komplett leeren Stockwerk in einer ehemaligen Teppichfabrik hat. Klingt nach einem gekonnten Upgrade!


Wir stehen SEHR spät auf, um dann noch ausführlich zu frühstücken und die Auscheckzeit mit Bravour um über eine Stunde zu überziehen. Egal, die Besitzerin ist nicht im Haus und die zuständige Mitarbeiterin gelassen.

Dann kann es losgehen nach Kolmanskop. Diese Siedlung entstand 1908, als Eisenbahnmitarbeiter in der Nähe Diamanten fanden. Ein absoluter Boom brach aus und die Siedlung wurde zur Diamantensucher-Stadt, deren nun wohlhabende Bewohner in massiven Steinhäusern wohnten und jeden Luxus offeriert bekamen, der in dieser Gegend möglich war. Und das obwohl es hier vorher nichts anderes gab als Sand, Hitze und einen Wind, der auch mal Sandstürme hervorrufen kann. Es gab keinen Regen, keine Erde und keinerlei Infrastruktur - alles wurde künstlich geschaffen. Wasser wurde 1000km aus Kapstadt hertransportiert, ein Bahnhof und Straßen gebaut. In seiner goldenen Ära hatte der Ort Casino, Schwimmbad, Schule, Krankenhaus, Theater, Kegelbahn. Die Kolmannskuppe galt als reichste Stadt Afrikas. Dann waren 1930 alle Diamanten gefunden und die Suche verschob sich gen Süden. Die Stadt wurde verlassen und die Wüste holte sich ihre Macht zurück.

Das Gebiet ist jetzt ein Freilichtmuseum, bei dem man auf eigene Faust (und Gefahr) in die Häuser dieser Geisterstadt gehen, steigen oder kriechen kann. 

Das Ganze ist wirklich interessant und auch extrem spaßig, weil man sich ein wenig wie auf einem Spielplatz mit riesigem Sandkasten fühlt und überall herum klettern und Altes und Zerfallenes entdecken kann. Es ist auch beeindruckend, wie gut sich manche Räume und Gebäude gehalten haben. Und sich vorzustellen, wie sich die reichen Bewohner abends in schicken Kleidern durch den einem Sandstrahlgebläse ähnelnden Wind zum Casino gekämpft haben, um dort mit ihren Kollegen und Freunden ihr Geld zu verprassen, ist schon sehr unterhaltsam. Erstaunlich, was man mit Willenskraft und Kapital aus dem Sandboden stampfen kann!

Wir bleiben natürlich länger als erlaubt, werden aber zum Glück trotzdem rausgelassen. Unsere von der Wüste ausgetrockneten Mündern zehren sich nach Essen, also fahren wir zum Hafen, wo wir leckeren Fish&Chips zu uns nehmen.

Dann machen wir uns auf zu unserem Schlafplatz, der wieder etwas ganz besonderes ist. Am Díaz Point, einer Halbinsel, auf der (sich noch in Betrieb befindende) Leuchtturm von Lüderitz steht. Die dort ansässige Familie bietet sogenannte Tented Accomodation an. Normalerweise bedeutet das ein fest installiertes Zelt mit Feldbetten. In diesem Fall ist es ein altes Fischerboot, in dessen Rumpf wir auf Matratzen untergebracht werden. Neben dem Boot ist eine gemauerte Feuerstelle, auf der Lenni das leckere Abendessen zaubern kann. 

Die Sonne senkt sich wie immer wunderschön hinter den Horizont und offenbart einen funkelnden Sternenhimmel mit einem klar scheinenden Mond. Das Ambiente ist einfach unglaublich schön und cool. Als ich im Mondlicht zum etwas entfernten Waschhaus laufe und zusehe, wie das Licht des Leuchtturms seine hellen Kreise zieht, feiere ich uns schon ein wenig für unser Glück bei der Auswahl der Unterkünfte.


Als wir aufstehen, ist die Sonne noch am aufgehen. Früh müssen wir nach Lüderitz zum Hafen, denn ein motorisierter Katamaran wartet dort auf uns für eine private Rundfahrt zur Halifax Island.

 

Dort gibt es eine Pinguinkolonie. Ja es gibt Pinguine in Afrika!! Diese sind ganz klein und süß und watscheln auf dem mittlerweile komplett in Beschlag genommenen Hafengelände der Inseln herum. Ein paar schwimmen auch etwas näher ans Boot heran, doch an sich sind die Vögel doch eher schüchtern.

Ganz anders die Delfine, die schon nach kurzer Zeit zwischen den beiden Flößen des Katamarans schwimmen und ihre Späße mit den Bugnasen treiben. Auf der Rückfahrt sehen wir ein paar von ihnen sogar noch Sprünge und Überschläge vollführen...wer muss da noch in einen Wasserpark?

Nach diesem tollen und aufweckenden Erlebnis füllen wir unsere Vorräte im SPAR-Supermarkt auf und machen uns auf den langen Weg zum Fish River Canyon...

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