36 Grad und es wird noch heisser...

Dienstag, 25. November:

Eine besonders lange und relativ anstrengende Fahrt liegt vor uns. 460km, davon knapp 170 auf Gravelroad müssen wir hinter uns bringen, um zu unserem Camp in Ais-Ais zu kommen...

Je weiter wir uns Richtung Süden bewegen, desto leerer werden die Straßen. Das ist durchaus verständlich, da hier kaum eine Menschenseele wohnt. Rechts der Straße befindet sich das sandige Sperrgebiet, auf dem früher im großen Stil Diamanten geschürft wurden. Mittlerweile ist man zum ertragreicheren Offshore-Abbau übergegangen. Trotzdem ist es absolut verboten dieses Gebiet, dessen Fläche mit 26.000 km2 größer ist als das Bundesland Hessen, zu betreten. Private Sicherheitsfirmen wurden mit der Absicherung beauftragt und haben den Ruf, lieber früh als spät die Schusswaffen zu verwenden. Touristische Ausflüge sind organisiert möglich, müssen aber weit vorher angemeldet werden. Alle Mitfahrenden werden dabei im Voraus polizeilich überprüft. Wer diesen Stress und die hohen Kosten investiert wird jedoch damit belohnt, eine Landschaft zu sehen, die mehr als 100 Jahre abgeschlossen von der normalen Zivilisation war. Das erst 2008 ein 500 Jahre altes Schiffswrack gefunden wurde, zeigt, wie unerforscht manche Teile des Sperrgebiets sind. 

 

Die Landschaft wird immer hügeliger und am Horizont erscheinen erste Berge, die zur Abwechslung mal aus Gestein bestehen und keine versteinerten Sanddünen sind. Auch die Temperaturen steigen kontinuierlich weiter. Am Morgen in Lüderitz haben wir noch gefroren, doch jetzt überschreitet die Temperaturanzeige im Polo mit Leichtigkeit die Grenze zu 30 Grad.

 

Nach etwa 300 km und 4 Stunden Fahrt machen wir einen Stopp in Rosh Pinah, einer kleinen Bergarbeiterstadt, die von 6 Bergwerken für Zink und Blei umgeben ist. Die Stadt wirkt wie hineingezwängt in das kleine Tal zwischen den felsigen Bergen mit den spitzen Gipfeln. Hier tanken wir und nehmen Snacks und Getränke für die Weiterfahrt mit (Ginger Beer - wer das nicht kennt, unbedingt probieren! Unglaublich erfrischend und definitiv besser als Cola!). Dann kann es weiter gehen!

Immer tiefer fahren wir in das Gebirge hinein. Es wird langsam so heiß, dass es wir entscheiden die Klimaanlage aus und die Fenster aufzumachen, um nicht an einem plötzlichen Hitzschlag zu sterben, wenn wir die Türen öffnen. Bald erreichen wir das Temperaturmaximum des Tages und wahrscheinlich auch unseres bisherigen Lebens: 46,5° C - die Temperatur, man wie ein Hund hechelnd den Kopf aus dem Fenster in den Fahrtwind steckt und sich Nudismus als Lebensstil wirklich gut anhört. Wenn das Kurzzeitgedächtnis-Rechenzentrum im Schädel aufgrund von Hirnwasser, das sich in frisch aufgebrühter Tee verwandelt hat, die Erinnerungen der letzten 5 Minuten nicht mehr speichern kann und so alles zu einem Brei verschwimmt.


Die Rettung kommt, als wir schließlich an der natürlichen Grenze zu Südafrika ankommen. Einer von 3 (!!!) Flüssen Namibias, die ganzjährig mehr als nur ein Rinnsal an Wasser führen, ersetzt im Süden Zäune und Stacheldraht. Der Oranje ist schon einen weiten Weg von seinem Ursprung in Lesotho geflossen und hat dementsprechend schon ziemlich an Breite und Strömung gewonnen. Vor allem aber ist er von diesen 3 Flüssen der einzige, der weder Krokodile oder Flusspferde noch tödliche Keime beheimatet. Was bedeutet das? Genau, Schwimmen ist angesagt!

Abtrocknen braucht man sich nicht wirklich, nach 3 Minuten ist alles wieder getrocknet. Die Befürchtung hat sich natürlich nicht bestätigt - es hat nach Rosen geduftet im Auto...


Als wir an unserem Camp ankommen, ist es immer noch so heiß, dass ich einfach mal die Dreistigkeit besitze nur mit kurzer Sporthose bekleidet zur Rezeption zu gehen. Nach dem wir unseren Campingplatz ausgesucht und das Zelt aufgestellt haben, gehen wir in das Schwimmbad oder genauer gesagt Spa des Camps. Das Ganze hier ist nämlich als Wellness-Oase gedacht, die seine Gäste mit (verdünnten) Wasser aus einer heißen Quelle verwöhnt. Ein Abkühlung im 30° warmen Becken ist unmöglich, also versuchen wir unser Glück im Pool an der "frischen" Luft. Dabei laufen wir auch an der Quelle vorbei. Stolze 60° hat das Wasser, wenn es hier aufsteigt. Überprüfen wollten wir das dann aber nicht, da Verbrennungen in unserer Reiseplanung nur in Form von Sonnenbrand erlaubt sind.

Auch der Pool ist so p**swarm wie an flachen italienischen Mittelmeerstränden, sodass wir am Ende noch unter die Dusche hüpfen um endlich ein wenig abzukühlen. Dann wird noch schön ein halber Karton Wein verkocht und getrunken, bevor es auch schon ins "Bett" geht.


Am nächsten Morgen sitzen Theresa und ich ganz entspannt am Tisch in der Nähe unseres Zeltes, als plötzlich ein Pavian aufspringt und unsere Nudelpackung aus dem (zugegeben dummerweise offenstehenden) Kofferraum schnappt und das harte Weizenfabrikat auf der Mauer gegenüber verspeist, bevor es ihm von einem Artgenossen stibitzt wird (Karma, B*tch). 

Wir erholen uns von dem Schock, indem wir ein ordentliches Frühstück vorbereiten. Kaffee haben wir gekocht, den Tisch schön gedeckt und uns auf eine reichhaltiges erste Nahrungszufuhr gefreut. Und dabei die Rechnung ohne unseren haarigen Verwandten gemacht. Ein Pavian läuft lässig wie ein Gangster aus Brooklyn (in Filmen) unter den Tisch und schnappt unser komplettes Brot zwischen Lenni und mir von der Bank. Damit nicht genug, kommt er zurück und schnappt Theresa das Müsli aus der Hand. Dann setzt der kleine Strolch, dessen Arm auch nach allen Fitnessübungen leider noch die zehnfache Kraft von uns hat, sich herausfordernd 10 Meter entfernt auf den Boden und frisst einfach mal die ganze Packung leer. Er stopft das Zeug in sich rein wie verrückt, wobei er Backen wie ein Hamster bekommt...wohl etwas trocken diese Haferflocken...unsere Soja-Milch haben wir ihm trotzdem nicht angeboten.

Das Frühstück geht dann schneller rum als gedacht und so fahren wir nur halb gesättigt zu unserem nächsten Camp: Hobas. Kurz Zelt aufgebaut und gechillt, dann geht es auch schon auf zum Canyon, für den wir ja hier sind. 

Erster Stopp ist die Hauptaussichtsplattform an einer Schleife des Fish Rivers, der diesen Canyon in den Fels gegraben hat. Die Plattform könnte man auch für die Bushaltestelle am Flughafen Windhoek halten, so viele Touristen sind hier in Gruppen unterwegs. Der Ausblick ist dann aber auch wirklich beeindruckend.

Der Fish River Canyon ist 160km lang, bis zu 550m tief und bis zu 27km breit. Damit ist er der größte Canyon in Afrika und nach dem Grand Canyon der zweitgrößte weltweit. Verständlich, dass wir uns nur einen Bruchteil anschauen können.


Wie in Namibia so üblich, laufen hier keine Parkwächter herum und schauen, was man so macht, und so kann man sich getrost an den Rand der Schluchten stellen. Man (oder zumindestens wir) fühlt sich schnell versucht, hinunter zu steigen. Das ist aber keine gute Idee, weil sich der Canyon am Boden wie ein Kessel aufheizt und Temperaturen von über 50°C keine Seltenheit sind.


Wenn man verunglückt, muss man, geschweige denn man wird auch von anderen gefunden, mit dem Heli ausgeflogen werden. Diesen kann man mangels Mobilfunknetz nur in Hobas rufen, das aber auch eine gute Stunde Autofahrt entfernt ist. Der Helikopter kommt dann aus Windhoek geflogen, das 650km entfernt liegt. Der letzte Rettungsversuch kostete knapp 40.000 € ... da macht die Versicherung eher nicht mit. Also bleiben wir doch lieber oben und machen weiter Poserfotos...

Nur im namibischen Winter in Juni, Juli und August ist es möglich, geführte mehrtägige Wandertouren zu machen. Diese sind dann auch ein gutes Survivaltraining mit Chlortabletten zum Reinigen des aus dem Fluss geschöpftem Wasser zum Trinken und anderen Träumen von echten Abenteurern. 


Wir schauen uns noch ein paar weitere Ecken des Canyons an und schauen dann zu, wie die afrikanische Sonne über den Rand des Horizonts zieht und dabei die vielen Schleifen und Schluchten goldgelb beleuchtet. Da muss man doch einfach ein Video aufnehmen...


Nach einem kurzen Frühstück geht es los zur nächsten Unterkunft. Am Vorabend ist uns der Gaskocher kaputt gegangen. Die Flamme ist einfach mal übergeschlagen von der Kochplatte auf das Ventil und hat bei der Gelegenheit den Schraubenschlüssel verschmolzen, mit dem man die Gaszufuhr regulieren konnte. Die Lage konnte zwar entschärft und die (in Lüderitz erst frisch gefüllte) Gasflasche zugedreht werden. Trotzdem tritt noch in geringer Menge Methan aus. Wir stellen die Flasche in den Fußraum der Rückbank, wo bei geöffnetem Fenster für ordentlich Lüftung gesorgt werden kann. Ein bisschen Gasgeruch hat die Person, die hinten sitzt aber trotzdem für den Rest des Trips zu ertragen.

Das Cañon Roadhouse ist ein sehr beliebter privater Campingplatz. Der Rezeptionsschalter ist ein alter Lieferwagen, der komplett ausgehölt wurde. Dieser steht in der mit reichlich Nummernschildern, Werkzeug und alten Werbeblechen sehr schön gestalteten Halle, die auch die Bar und das Restaurant beinhaltet.


Besonders lustig sind die Toiletten. Neben dem Elefantenrüssel, der über dem Waschbecken hängt, ist ein Bild einer nackten Frau (bzw. auf der Damentoilette eines nackten Mannes) angebracht. Im Schoß des Bildes befindet sich eine Kiste, auf der Pandora's Box steht. Durch wissenschaftliche Experimenten konnten wir herausfinden, dass das Öffnen derselben zu einem Ringen (bzw. Klingeln, je nach Geschlecht) an der Bar führt, die dann lautes Gelächter der wissenden Gäste hervorruft.

Den Nachmittag verbringen wir am Pool mit Lesen und Entspannen, dann geht es abends noch ins Restaurant, um noch einmal ordentlich zu speisen. So ein schönes T-Bone-Steak ist lecker...und davon schrumpft wenigstens nicht der Bizeps...


Am nächsten Tag verlassen wir die Umgebung des Canyons und fahren zum letzten Stopp unserer Reise am Quiver Tree Forest...

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