GoodBye Namibia...See you Next Time!

Es war schon ein schwerer Abschied von dem Land, in dem wir 5 Monate lang Gast sein durften. Wir haben hier so unglaublich viel entdeckt, erfahren und erlebt und eine solche Fülle an Eindrücken gewonnen...

Wir haben mit Namibias Bewohnern zusammen gelebt, studiert, mit ihnen Konzerte und Parties besucht, Gartenfeiern geschmissen, getanzt und gegessen. 

In vielen Gesprächen durften wir Einblicke in Leben(sgeschichten) bekommen, die so verschieden sind von den unseren. Um dabei letztendlich bekräftigt festzustellen wie ähnlich wir uns doch alle sind und wie dumm und unbegründet Rassismus eigentlich ist.

Apropos Rassismus. Auch den gab es hier, tagtäglich und zwischen allen Hautfarben, Volksgruppen und Bevölkerungsschichten. Das ist eine der Schattenseiten in diesem ansonsten wundervollen Land. Wie auch die Kriminalität, die durch die vorhandene Korruption nicht immer verfolgt wird (siehe dazu auch unser Erlebnis bei einer Verkehrskontrolle). Oder die hohen Mauern und Elektrozäune in Windhoek und anderen größeren Städten, die gebaut wurden um sich vor Einbrechern zu schützen.


Oder die Geschichten von nächtlichen Überfällen auf den Straßen, die schon bevor wir überhaupt einen Meter in der Stadt gegangen sind, ein Gefühl der Unsicherheit bewirkten. Und dann die Entspannung und Gelassenheit, die doch irgendwann kommt, wenn man sich daran gewöhnt hat, dass man besser kein Portemonnaie und keine Wertsachen mitnimmt (Smartphone war dann irgendwann doch in der Hosentasche) und es doch nicht so schlimm ist, wie man gedacht hat. Denn das oben genannte hört sich vielleicht etwas hart an, gehört hier aber eben zum Leben dazu. Und wenn man sich etwas anpasst, kann man hier einen tollen Lebensalltag bestreiten.

Ein erster Schritt, um namibisch zu werden, ist der Kauf eines 15 Euro Schrott-Mobiltelefons, von manchen liebevoll Klotzi genannt, das man für N$8 (0,60€) mit einer Simkarte von MTC ausrüsten kann. Dann noch Prepaid-Vouchers bei einem der vielen Straßenverkäufern erwerben und das Gesimse und Getalke kann losgehen! 

Zum Einkaufen geht es dann in den Pick'n'Pay-Supermarkt im Wernhill Centre oder zum Fruit & Veg gegenüber. Dort bekommt man alles was das Herz begehrt. Anders als in der EU gibt es hier kaum Subventionen und so gut wie keine Gewächshäuser. Deswegen variieren die Preise bei Obst und Gemüse zwischen den Jahreszeiten sehr stark. Das freut den Öko und sorgt auch für Variation bei den Zutaten. Unsere Top 5 Einkäufsempfehlungen:

5. Sweet Potatoes (Winter): besonders lecker in Stücke geschnitten und dann im Ofen gebacken...super als Nachtisch

4. Chakalaka (immer): scharfe Gemüsemischung, in Dosen verkauft, perfekt zum Vermischen in Nudelsoßen

3. Butternut (Winter-Frühling): Kürbis, kann man wie Sweet Potatoes zu bereiten, schmeckt auchgut als Beilage zu Reis

2. Avocados (Sommer): kann man überall rein schmeißen (oder aufs Brot schmieren oder...) und sind hier reif, weich und lecker einzukaufen.

1. Fleisch: Egal ob Wild (Favorites: Springbok, Zebra, Oryx) oder nur Rind; Fleisch ist hier zu 100% ökologisch, frei von Genfood und von glücklichen Tieren mit einer Auslauffläche, die sie sich in Europa nur erträumen könnten. Viele EU-Veggies wurden hier vorübergehend zu Fleischfressern.

 

Ach so: wenn man sich wie wir zu fein für das teilweise wiederaufbereitete und stark chlorhaltige Leitungswasser ist, kauft man sich ganz viele 5 Liter Container, die sich dann in der Wohnung so lange zu einem Regal stapeln, bis man sich daraus ein Floß für die Fahrt nach Hause bauen kann.

 

An der Kasse packen dann fleißige Helferlein die Einkäufe in Plastiktüten (Wir brauchten in 5 Monaten nicht eine Mülltüte) und schon kann es raus gehen zum Showkampf zwischen den Taxifahrern. Sofort wird man von 3 Leuten gleichzeitig angesprochen, wohin man möchte und dabei gleich mit den Händen die Kontrolle über den Einkaufswagen übernommen. für N$10 p.p. geht es dann mit vollem Kofferraum und noch mindestens 1 weiteren Gast (auf den man dann bestimmt noch 10 Minuten warten muss) nach Hause.

Wir werden auch noch oft daran zurückdenken, wie wir bei 10 Minuten Fußweg jedes Mal zu spät zur Uni kamen. Und dann am besten noch die Student Card vergessen hatte. Die Securityleute waren zum Glück immer sehr freundlich, da wir sie stets nett grüßten, so dass wir auch trotz Nachweis durch das Drehkreuz durften. 

Bester Kommentar zum Zuspätkommen von einem Prof: "Do you know how late it is?" - "10:36." - "When does class start?" - "10:30." - "So how many minutes are you late?" - "6." - "Do you know that there are companies that produce 10000 Bottles per minute. For 6 minutes, that would be... a lot of bottles!" Der selbe Professor kam natürlich gerne mal eine Stunde zu spät...oder auch mal gar nicht. Trotzdem war für ihn klar: "Punctuality is a matter of respect". Respekt hat er aber unseren Mitstudenten teilweise sowieso nicht entgegengebracht, also egal. Spannend war der Kurs trotzdem, wenn auch das Projekt, bei dem wir ein ganzes Hotel auf Cleaner Production Possibilities analysierten, echte Arbeit war. 

Unser Fernkurs Environmental Management hat uns auch einiges abverlangt. 2 Hausarbeiten, beide 15-20 Seiten lang klingt schonmal nach Arbeit. Wenn man diese dann BEIDE total übermüdet nach der Rückkehr von Reisen in praktisch 24h schreibt und dafür eine zwei Mal eine 1 bekommt, kann man schon von einer Meisterleistung sprechen.

Dann gab es da noch diesen Kurs, bei dem wir in Projektarbeit namibische Baustellen besuchten und die Bauprojekte analysieren mussten. Nicht der coolste Kurs, aber so lernt man Leute und die Stadt kennen - und der Lektor über die Unikurse wohl seine Datingpartner. Schon lustig, wenn man vor dem Haus steht und die studentische Nachbarin dem Lehrer hinterher ruft: Sexy Ass! 

Und zuletzt war da noch dieser Professor, der so kurzsichtig war, dass er immer wieder nachschauen musste, was er da eigentlich an die Tafel geschrieben hatte.  Da er gleichzeitig noch schwerhörig war, landete auch nicht immer die Lösungen an der Tafel, die ihm von den Studenten diktiert wurden. In dem Kurs waren aber auch die coolsten Leute. Direkt in der ersten Vorlesungswoche wurden wir eingeladen, mit ihnen Go-Kartfahren zu gehen. Und mit zwei von ihnen waren wir dann später auch auf einem Konzert und mal etwas Trinken in der Innenstadt.

Ja und dann gab es da noch Susan & Yolande. Die beiden Damen vom International Office kümmerten sich um unser Visum, organisierten unsere Student Cards und halfen uns bei der Wahl unserer Kurse. Egal welches Problem wir hatten, wir konnten vorbeikommen. Irgendwann wurde es zu einem regelmäßigen Ritual, zu den beiden zu gehen um Ihnen von allen Neuigkeiten zu berichten. Bessere Hilfe kann man sich nicht vorstellen!

In der Pause konnte man am Kiosk auf dem Campus Hotdogs, Fat Cooks oder Curry Bans (Fat Cook, gefüllt mit gut gewürztem Hackfleisch und Paprika) und Getränke erwerben. Man musste sich nur vorher mit den anderen Studenten darum kloppen, die alle versuchten, ihre Hand mit Geld zu dem kleinen Ausgabefenster zu bekommen...geordnetes Anstellen? Vielleicht in Deutschland, nicht hier. 

Wenn die Uni mittags schon zu Ende oder die Pause etwas länger war, gab es noch ein paar andere Möglichkeiten. Unsere Top 3 "Restaurants":

"Shop at the corner": Für N$ 20 kann man hier 400g von Hand aus Kartoffeln geschnittene und mit Essig und Barbecue-Spice ordentlich gewürzte Chips (Pommes Frites) erwerben - unglaublich lecker, kann man durch Backfisch verstärken. - 5 gold-glänzende Kartoffelstäbchen

"Under the Bridge": Neben dem Wernhill Einkaufszentrum führt eine der Hauptstraßen über eine Brücke Richtung Innenstadt. Darunter haben einfallsreiche Namibier eine Street Kitchen eröffnet wo man an Ständen alles Mögliche kaufen kann - und das zu unglaublichen Preisen: Ein Teller Gemüse und Nudeln: N$3 bis N$5 (0,20€-0,40€), mit (zugegeben sehr zähem) gekochten Rindfleisch N$20. Als Bonus sitzt man hier zusammen mit den echten Arbeitern Namibias und nicht den vielen gehobenen Weißen, die sich für etwas besseres halten. - 5 gelbe Plastiktellerchen für Ambiente

"Chicken Zoo": Bei Pick'n'Pay gibt es eine heiße Theke, wo unter anderem Hähnchenstücke und Kartoffelecken verkauft werden. Soßen kann man sich in Hülle und Fülle selbst drauf packen. Dann gehts mit dem Essen durch die Innenstadt zum Zoo Park, wo man sich schön ins grüne Gras in den Schatten einer Palme setzen kann und das Erbeutete verspeisen kann - das ist ein Leben! - 5 strahlende Sonnen für den Entspannungsfaktor

Nicht für jeden Tag geeignet wegen der etwas längeren Taxifahrt: Im Township Katatura am Tukondjeni Market ( wir nannten es immer Single Quarters, nach dem Viertel, in dem es liegt) kann man super leckeres Kapana essen. Das Fleisch wird in halben Kühen angeliefert und dann direkt auf dem Markt mit Axt, Säge und Messer (oder Machete?) zerkleinert. Direkt daneben, am einen Ende des Marktes, sind Grille mit Beton fest installiert worden. Hier werden die fettigen Fleischstreifen auf offenem Feuer (ja, Feuer und nicht Glut!) schön saftig gegrillt. Als Kunde kann man für N$10 eine Portion erwerben. Der Grillierter schneidet dann das Fleisch in kleine Fleischstreifen (Kapana) und lässt sie noch etwas auf dem Feuer knuspern...dann kann man sie sich in Zeitungspapier überreichen lassen - oder direkt vom Grill naschen. Das Beste ist nichtmal das (trotzdem köstliche!) Fleisch, sondern das scharf-salzige Kapanaspice. Lenni hat sich das Zeug teilweise pur reingezogen - harter Kerl. Am meisten Spaß hatte man bei den Single Quarters, wenn am Freitag zuvor Payday war und die Leute zum Feiern aufgelegt waren. Angst haben wir hier entgegen der vielen Ankündigungen eigentlich nie verspürt, alle waren sehr lustig und nett und zu Späßen bereit. Am schönsten war das Miteinander, das hier allgegenwärtig war. Kein #Fürsichalleinemitsmartphoneinderhandimmcdonaldsessenundfotosvonseinemburgermithashtagsauffacebookundinstagrammposten, sondern echtes Essen und auch mal Teilen mit anderen Menschen - oneworld onelove, schreit da der Hippie in uns.

Generell haben wir in diesen 5 Monaten meist eine tolle Atmosphäre verspürt. Leute, die beim Stopp des Minibusses an der Tanke aussteigen und tanzen. Die Mitarbeiterin im Supermarkt, die einem einfach mal von hinter der Fleischtheke zuwinkt und dafür von ihren Mitarbeitern gnadenlos ausgelacht wird. So kann sogar Einkaufen zu gehen oder durch die Straßen zu hetzen irgendwie Spaß machen. Man lernt selbst das andauernde Angequatschtwerden durch Straßenhändler und Taxifahrer zu schätzen, weil es Leben in diese Stadt bringt. Dieses generelle Lebensgefühl ist etwas, das man im Nachhinein auf jeden Fall vermisst.  Der Taxifahrer, der auf der Rückfahrt von einer Party das überfüllte Auto einfach mal zum Partybus erklärt und die Anlage aufdreht. Die wildfremde Mitfahrerin, die uns dann einfach mal Dosenbier in die Hand drückt und die Rückbank damit in eine Trio-Karaoke-Bühne verwandelt. Noch heute muss ich wenn "All of Me" im Radio läuft an diese Fahrt durch Windhoek denken.

Apropos Karaoke. Im Warehouse gibt angeblich der Robbenclan die besten Auftritte, egal ob Backstreet Boys oder Maroon 5 - die Menge bebt wenn diese beiden jungen Herren auf der Bühne stehen...vielleicht war es aber auch nur zu viel Windhoek Lager und der Jubel von unseren 3 German Girls. 

Dann war da noch Claus, der uns einfach für 2 Wochen in seinem Haus aufgenommen und uns viele gute Tipps zum Leben und Reisen gegeben hat und durch den wir eine ganz neue Sicht auf Windhoek und Namibia bekommen konnten.

Wie lustig war auch das Leben in unserem Haus. Klar, die erste Nacht ohne Decke in der Kälte war der absolute Horror. Und die täglich wiederkehrenden Bohrgeräusche, weil wir in eben jenem Meisterwerk namibischer Baukunst wohnten, das noch vollendet wurde. Keine Wand war gerade, keine Fuge im Bad glich der anderen - und die Duschtür war kopfüber eingebaut worden, weil sonst das Waschbecken ein Öffnen unmöglich gemacht hätte. Trotzdem genoss der Vorarbeiter Michael, mit dem wir uns öfters mal länger unterhielten, unseren vollen Respekt: komplett ohne Ausbildung war er gleichzeitig Klempner, Elektriker, Maurer und der Boss für die Arbeiter, die teilweise von unserer Vermieterin kein Geld bekamen...das er dann aus der eigenen Tasche zauberte (und einmal von uns geliehen bekam). Dann war da noch unsere Single Mum-Vermieterin, die irgendeiner Prosperity Church / Sekte beigetreten war.

Und unsere Nachbarn: Gegenüber im anderen Haus Ailee, wunderbar nett, wenn auch etwas auf dem Möchtegern-Model-Trip. Darüber Silas, ein supercooler Typ, mit dem wir mehrfach feiern waren und mit dem wir uns durch seinen Schüleraustausch auch auf Deutsch unterhalten konnten. Die verrückten Angolaner, deren Aufwachen man mittags am Grasgeruch erkannte und die sich dann entweder lautstark unterhielten oder bis spät nachts laut Musik hörten (oder eine Kombination von beidem). Und dann Jere. Unser Lieblingsnachbar, der netteste Mensch auf Erden und gleichzeitig die furchtloseste, die ich je gesehen habe. Allein, ohne Kontakt zur Familie mit Minibussen und Trampen durch 5 afrikanische Länder zu reisen: Respekt! Ob entspanntes Abhängen, gemeinsam Essen oder auf Road Trips waghalsige Aktionen abziehen, mit Jere war es einfach super angenehm. 

...und dann war da natürlich das Reisen, die vielen Trips und die unglaubliche Landschaft - aber darüber gibt es hier ja jede Menge zu lesen ;-)

Es waren sehr intensive 5 Monate. Deswegen an alle Menschen, mit denen wir geredet, gesungen, gelacht, gefeiert, gekocht, gegessen, getrunken, gechillt, gelebt, gelernt, gearbeitet, gefeilscht, gereist, gezeltet, gewandert, geklettert, geschwommen, gefahren und geflogen sind: DANKE!

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